Über den Erbauer
- Hendrik Kersten -
Ich bin überhaupt kein “Panzermodellbauer”. Wenn ich Panzer baue, dann gewissermaßen stellvertretend für eine Sehnsucht nach der möglichst perfekten Illusion, was sicherlich so manchen Modellbauer umtreibt.
Illusion ist nüchtern betrachtet die ideale Synthese aus Dimension, maßstäblicher Präzision und gestalterischem Finish. Aus der Vielzahl handwerklicher Materialien und Verfahren gilt es halt immer diejenige Kombination auszuwählen, die dem jeweiligen Bauteil optimal angepasst ist. Die Vielzahl der Bauteile ergibt dann das Ganze. „Scratch-Bauweise“ in Reinkultur, die Variationsbreite macht den Reiz der Sache aus. Erst ganz zum Schluß kommen Farbe und Illusionsmalerei (Trompe-l'œil) zum Einsatz und natürlich ist da auch noch die Macht der Ablenkung, der Trick das Überraschungsmoment…
Im Herbst 1980 wurde in meinem Heimatstädtchen frühmorgens um 2:00 Uhr ein Bataillon niederländischer Leoparden ausgeladen. Als die lange Reihe der Kolosse einer nach dem anderen die Motoren anließ, hat das wohl bei mir den entscheidenden Schalter umgelegt. Das Gedärme-erbeben-lassende Gebrüll der „Eisenschweine“ wirkte analog der großen Infraschall Pfeife einer Kirchenorgel. Jeder gute Organist kennt den Trick, sein Publikum auf diese Weise in „Andachtszustand“ zu versetzen. Ich kenne also den Mechanismus und bin trotzdem süchtig…
Die Fotografie, mehr noch als die direkte Anschauung, gilt in Zeiten des Internet als das Medium zur Vermittlung von Inhalten. Der Panzermodellbau mit seinen Nebensparten wiederum ist seit Jahren die mit Abstand innovativste Szene wenn es um verblüffende Illusionen geht. Alles zusammen gab die Richtung vor.
Maßstab ist nicht gleich Maßstab. Unser Gehirn ist recht wählerisch, welche Verkleinerung es als natürlich“ und „real“ akzeptiert. Meiner unmaßgeblichen Erfahrung gemäß ist alles um 1:50 herum im grünen Bereich. Klassischer Schiffsmodellbau ,1:48 zum Beispiel oder die ebenso klassische Spur-0, 1:45. Wenn ich auch die Fähigkeiten der Bastler bewundere, 1:35, der (klassische) Panzermaßstab befriedigte mich vor diesem Hintergrund so wenig wie die (spielzeughaft) „großspurigen“ Gartenbahnen.
Mit 1:15 (Verlinden) oder 1:16 (Tamiya) kommt dann alles zusammen. Wir assoziieren instinktiv: groß, schwer, stimmig! Wir akzeptieren aus unserer Erfahrung mit den realen Dingen die geradezu unverschämte Illusionsmalerei der Farbabplatzer, Dreck- und Ölschlieren als authentisch wiedergegebene „Realität“.
Da wäre allerdings noch das Unwort „Scale“. Gemeint ist maßstabsrichtige Wiedergabe. Das Dumme ist nur, dass unser Denkorgan seine eigenen Vorstellungen von „Realität“ hat. Was wichtig ist, sehen wir schlicht größer! Ein entscheidendes Bauteil kann deshalb „scale“ ganz einfach „popelig“ aussehen, obwohl es „richtig“ dimensioniert ist. Böse Falle ! – und zugleich die hohe Kunst der Illusion, der Verkleinerungsmaßstab muß durchaus flexibel, weil wahrnehmungsgerecht, gehandhabt werden.
Das Foto schließlich, im richtigen Winkel aufgenommen, bei richtigem Licht und mit dem richtigen Hintergrund in Szene gesetzt, erhebt die Illusion (nahezu) vollkommen in den Rang der Realität.
Wenn mir dann jemand schreibt, er würde sich nicht wundern, „wenn jetzt jemand im Tank den Motor startet“, er den dicken Diesel (der gar nicht da ist) also quasi „riechen“ und „hören“ kann, dann grinse ich ebenso zufrieden wie der Jungfrauen zersägende Magier im Varieté.
Diorama und Modellfotos: Hendrik Kersten
- Hendrik Kersten -
Ich bin überhaupt kein “Panzermodellbauer”. Wenn ich Panzer baue, dann gewissermaßen stellvertretend für eine Sehnsucht nach der möglichst perfekten Illusion, was sicherlich so manchen Modellbauer umtreibt.
Illusion ist nüchtern betrachtet die ideale Synthese aus Dimension, maßstäblicher Präzision und gestalterischem Finish. Aus der Vielzahl handwerklicher Materialien und Verfahren gilt es halt immer diejenige Kombination auszuwählen, die dem jeweiligen Bauteil optimal angepasst ist. Die Vielzahl der Bauteile ergibt dann das Ganze. „Scratch-Bauweise“ in Reinkultur, die Variationsbreite macht den Reiz der Sache aus. Erst ganz zum Schluß kommen Farbe und Illusionsmalerei (Trompe-l'œil) zum Einsatz und natürlich ist da auch noch die Macht der Ablenkung, der Trick das Überraschungsmoment…
Im Herbst 1980 wurde in meinem Heimatstädtchen frühmorgens um 2:00 Uhr ein Bataillon niederländischer Leoparden ausgeladen. Als die lange Reihe der Kolosse einer nach dem anderen die Motoren anließ, hat das wohl bei mir den entscheidenden Schalter umgelegt. Das Gedärme-erbeben-lassende Gebrüll der „Eisenschweine“ wirkte analog der großen Infraschall Pfeife einer Kirchenorgel. Jeder gute Organist kennt den Trick, sein Publikum auf diese Weise in „Andachtszustand“ zu versetzen. Ich kenne also den Mechanismus und bin trotzdem süchtig…
Die Fotografie, mehr noch als die direkte Anschauung, gilt in Zeiten des Internet als das Medium zur Vermittlung von Inhalten. Der Panzermodellbau mit seinen Nebensparten wiederum ist seit Jahren die mit Abstand innovativste Szene wenn es um verblüffende Illusionen geht. Alles zusammen gab die Richtung vor.
Maßstab ist nicht gleich Maßstab. Unser Gehirn ist recht wählerisch, welche Verkleinerung es als natürlich“ und „real“ akzeptiert. Meiner unmaßgeblichen Erfahrung gemäß ist alles um 1:50 herum im grünen Bereich. Klassischer Schiffsmodellbau ,1:48 zum Beispiel oder die ebenso klassische Spur-0, 1:45. Wenn ich auch die Fähigkeiten der Bastler bewundere, 1:35, der (klassische) Panzermaßstab befriedigte mich vor diesem Hintergrund so wenig wie die (spielzeughaft) „großspurigen“ Gartenbahnen.
Mit 1:15 (Verlinden) oder 1:16 (Tamiya) kommt dann alles zusammen. Wir assoziieren instinktiv: groß, schwer, stimmig! Wir akzeptieren aus unserer Erfahrung mit den realen Dingen die geradezu unverschämte Illusionsmalerei der Farbabplatzer, Dreck- und Ölschlieren als authentisch wiedergegebene „Realität“.
Da wäre allerdings noch das Unwort „Scale“. Gemeint ist maßstabsrichtige Wiedergabe. Das Dumme ist nur, dass unser Denkorgan seine eigenen Vorstellungen von „Realität“ hat. Was wichtig ist, sehen wir schlicht größer! Ein entscheidendes Bauteil kann deshalb „scale“ ganz einfach „popelig“ aussehen, obwohl es „richtig“ dimensioniert ist. Böse Falle ! – und zugleich die hohe Kunst der Illusion, der Verkleinerungsmaßstab muß durchaus flexibel, weil wahrnehmungsgerecht, gehandhabt werden.
Das Foto schließlich, im richtigen Winkel aufgenommen, bei richtigem Licht und mit dem richtigen Hintergrund in Szene gesetzt, erhebt die Illusion (nahezu) vollkommen in den Rang der Realität.
Wenn mir dann jemand schreibt, er würde sich nicht wundern, „wenn jetzt jemand im Tank den Motor startet“, er den dicken Diesel (der gar nicht da ist) also quasi „riechen“ und „hören“ kann, dann grinse ich ebenso zufrieden wie der Jungfrauen zersägende Magier im Varieté.
Diorama und Modellfotos: Hendrik Kersten